Immersiver als ein Thriller. Lebendiger als jede Leinwand. Und verstörender als die Realität selbst. 60 Minuten Brainfuck garantieren „Carrie“ und ihre (teils) verstorbene Familie, wenn du dich auf das geheimnisvolle Rätselspiel einlässt, das eine Stunde lang versuchen wird, an deiner Seele zu nagen.
Dufte inszeniert und damit morbider als ein Alptraum. Was harmlos beginnt, nimmt bereits binnen der ersten 4 Minuten eine (Höllen)fahrt auf. Denn auch wenn du NICHT eingesperrt wirst, bleiben Sonnenlicht, Vogelgezwitscher und jeglicher Zugang zur Außenwelt für die bevorstehende Stunde AUSGESPERRT. Eine imaginäre Reise verschlägt euch ins ferne England an einen Ort der Finsternis. Lediglich das Klingelschild deutet noch auf das psychotische Familiengeschehen hin, welches in diesem unterdessen verstummten Häuschen seinen unentdeckten Lauf nahm.
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EXITgame | 60 Minuten blanke Nerven!?
Es ist 13 Uhr. Unser Spiel beginnt. Und damit ein Exkurs in die psychopathische Kinderseele der kleinen Carrie, deren hämisch-verstörendes Lachen in den alten Ziegeln des Gemäuers einbetoniert worden scheint. Die eigenen Augen zögern, sich an die unerwartete Dunkelheit zu gewöhnen, die verheißungsvoll jedes Detail verschlingt und lediglich peut à peut preisgibt, welche Grausamkeiten diese Wände beherbergen mussten. Kaum einander außer Reichweite lassen wollend, ertasten wir zögerlich das „Setting“, welches weniger präpariert als seit Jahren unangetastet wirkt. Zum ersten Mal bin ich froh über die Cams, die uns zwischen diesen verschlingenden Wänden nicht aus den Augen zu lassen drohen.
60 Minuten, die so schnell rasen wie mein Herz. Filigrane Porzellanfigürchen versuchen es in scheinbare Ruhe zu wiegen und damit das Offensichtliche charmant zu kaschieren. Ich unterschätzte, wie stark Emotionen unser analytisches Denkvermögen zu blockieren im Stande sind. Denn mehr zaghaft als souverän inspizieren wir mutmaßliche Details, zwiespältig darüber wie nah wir dem Geheimnis der verschwundenen Carrie wirklich kommen wollen. Oder ist sie uns näher, als wir ahnen?
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Fiebern im Team: Durchleuchten, Kombinieren, Erschauern.
Die Furcht liegt wie ein bleierner Schleier um unsere Kombinationsgabe. Wie gelähmt starren wir fortschrittlos auf die ablaufenden Sekunden. Mühsam und mit dem fortwährend bangem Gefühl zeitlich schon dem Untergang geweiht zu sein, versuchen wir ruhig zu bleiben.
Doch wenn du denkst, es geht nichts mehr, kommt irgendwo ein Hinweis her. ♥ Und auch wenn ich immer wieder die Frage gestellt bekomme, ob es nicht vieeeeel zu leicht ist, mit Hinweisen zu spielen, wären wir ohne diese aus den vorherigen 6 GamingRooms wohl bis heute nicht wieder herausgekommen.
Denn ich liebe das Kniffeln bis zum EXITpoint, dem Punkt an dem nichts mehr geht und die Grenzen unserer 4er-Knobelcrew kollektiv erreicht sind. Wichtig in jedem Exitgame ist meines Erachtens ein gutes Gespür des Anbieters, wann Hinweise notwendig werden, damit sie nicht zu früh den Rätselspaß verderben, sondern gerade im richtigen Moment – kurz vor der einsetzenden Verzweiflung – das Gefühl der eigenen Ahnungslosigkeit überbrücken.
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SideEffect der HorrorShow
Ich habe mir die Seele aus dem Leib geschrien. Und war damit nicht allein. Doch auch wenn ich mich nicht als außergewöhnlich schreckhaften Mensch empfinde und zudem auf ALLES vorbereitet war, trafen mich die „Effekte“, mit denen EscapeVenture versucht seinen Besuchern im Endspurt so richtig einzuheizen, völlig aus der Kalten.
Finally gelang es uns nach verbitterten 53:30 Minuten im Kampf gegen die unersättliche Kinderseele allen Spuren zu folgen, egal welch verwegene Geheimnisse sie lüfteten. Et voilà: das Tageslicht hat draußen auf uns gewartet. Und ich gebe zu, nicht unerfreut darüber gewesen zu sein, wieder in mein normales Leben schlüpfen zu dürfen …
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Wann? Wie? Wo?
EscapeVenture Leipzig
Dresdner Straße 54
(direkt neben dem Regina)
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Nice to know:
EscapeVenture gibt es nicht nur in Leipzig, sondern auch in diversen anderen Städten wie Hamburg, Braunschweig und Magdeburg. Mich würde by the way ja mal interessieren, wie stark sich die gleichen Räume in unterschiedlichen Städten ähneln. Jemand Erfahrungen? Der Gruselroom „Carrie“ liegt im deutschlandweiten Gruselranking jedenfalls auf Platz 6. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich mich für Platz 1 bis 5 dann überhaupt gewappnet fühle ……
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